Glückseligkeit
Lange nicht mehr gespürt
Glückseligkeit,
Glück und Seligkeit,
Selbstvergessenheit,
Versunkenheit in eine andere Welt,
Musik, die zu Tränen rührt,
Bachs Chaconne, D-Moll,
Leonard Cohen’s Anthem:
»There’s a crack in everything,
that’s how the light gets in!«
Und Köchelverzeichnis 622,
Mozarts Klarinettenkonzert
Paris, Notre Dame,
wo mir die Tränen gekommen sind,
als es gebrannt hat. Noch heute berührt mich das
Prag
Die Taufe eines Kindes
Joan Baez,
I Am A Noise, der Film
Jetzt, so entdecke ich
im Nachsinnen:
war da doch,
ist es noch
ein großer Vorrat an Glückseligkeit
an Glück und Seligkeit,
Dankbarkeit, große Dankbarkeit. 12. März 2024
Die Kirche
Ein Baum,
mit Wurzeln,
Ästen,
weit verzweigt,
blühend von Zeit zu Zeit,
Früchte ausbildend,
mancher Ast morsch,
absterbend,
aber auch neue Triebe.
Die Kirche – Ein Baum?
Oder eher
ein Fluss
von der Quelle
bis zur Mündung
immer größer werdend
mit Zuflüssen,
in engen Tälern sich den Weg bahnend,
weite Ebenen gestaltend
Lebensraum bietend für vieles,
Ruderboote, Kähne, Schiffe tragend,
flussaufwärts, -abwärts,
verseucht, verschmutzt auch,
etappenweise renaturiert,
sich endlich in tausend Arme verzweigend
bis er sich ins Meer ergießt,
sich vermischt mit dem salzhaltigen Ozean
Wo sind wir,
von der Quelle weit entfernt,
kaum noch Zuflüsse,
wo längst alles hineingeflossen ist,
ins Delta
Klimawandel
Flüsse, die austrocknen,
Quellen, die versiegen,
Wüsten, die wachsen.
Was wird
aus der Kirche?
10.10.23
Schreibwerkstatt
Ein Versuch.
Schon die erste Runde begeistert mich,
Anregungen,
mein Zittern der Hand ist kein Problem,
auch anderes nicht, womit jemand sich schwer tun könnte,
die Freude an den Wörtern überwiegt,
macht Lust auf Sätze, Gereimtes und Ungereimtes,
die Zeilen fügen sich aneinander,
damit das, was zwischen den Zeilen ist,
Raum bekommt, Zwischenraum gewissermaßen,
womöglich das Unsagbare aufscheint,
das Unbeschreibliche nicht unter den Tisch fällt;
Werkstatt – wo dran gearbeitet wird,
bis es – vielleicht – fertig ist.
11.10.23
Weihnachten
Immer noch
ein Fest
alles intensiver
Die Freude
Die Trauer
Der Glaube
Der Zweifel
Überhaupt – der Glaube an das Gute
Der Zweifel – an allem
Alles intensiver
Die Erwartungen der Kinder
die Enttäuschungen auch
Wie lange hält man das aus?
Das Fest der Freude, des Friedens? 8.11.23
zu früh – zu spät
I
Es ist nie zu früh
und selten zu spät
Wer zu spät kommt,
den bestraft das Leben
Redensarten,
geflügelte Worte
um den rechten Zeitpunkt
herum
II
zu früh
geboren,
zu früh auf die Welt gekommen,
ein Frühchen
III
zu früh
das Ende
IV
was wäre, wenn
es
kein „zu früh“
kein „zu spät“
gäbe,
gegeben hätte?
Zu früh
I
Zu früh geboren
Frühgeburt,
noch nicht vorbereitet
fürs Atem holen,
ins Leben gerettet
II
Zu früh gestorben
Aus dem Leben gerissen,
noch nicht fertig
mit allem,
mit der Welt
Einen Freund zu früh verloren
wir waren noch nicht fertig,
waren noch unterwegs.
III
Einsam
vor verschlossener Tür:
zu früh.
„Wir öffnen später.“
Dann ist es vielleicht
für mich
zu spät
IV
Zu früh,
die Zeit ist
noch nicht reif,
der Boden
noch nicht bereitet,
das Wetter nicht günstig,
zu trocken,
zu nass. Die Menschheit
zu beschäftigt
mit sich selbst.
Zu spät
I
Zu spät
für diese Welt
sie zu retten?
Wächst,
wo Gefahr ist,
das Rettende auch?
wirklich?
II
Der Krieg
bricht aus.
Zu spät
für Frieden
bis wann?
III
Zu spät.
Bald zu spät…
Bald ist es zu spät
Wofür?
Bald?